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"KOREBOLITEN"

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Alexander Lang & Stephan Kopiczinski

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Skulptur, Malerei, Grafik
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Vernissage: Donnerstag 02. 11. 2023, 17-21 h
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Ausstellung: 3. 11 2023 - 13. 01. 2024
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Das Nicht-Besondere des alltäglichen Schmerzes

Es gibt eine Google-Rezension, in der eine Besucherin über die Galerie Potemka schreibt, es sei unangepasste Kunst aus Leipzig, und unangepasste internationale Kunst zu sehen. Anpassung leisten muss die Mehrheit der Bevölkerung und deshalb ist es spannend, Impulse von Künstlerinnen zu erhalten, die vermeintlich ohne ein Korsett durchs Leben gehen können. Bye the way, die meisten Künstler passen sich trotzdem an: zu schwierigen Themen wie etwa Metoo, Antisemitismus etc.. bei denen sie in der Szene anecken könnten, schweigen sie lieber. Auch in den Arbeiten selbst gibt es häufig Anpassungsleistungen, wie die Endlosschlaufe des Selbst-Zitats. Warum sie sich anpassen, das wäre Thema einer kultursoziologischen Studie; womöglich liegt dahinter der Gedanke, zu monetärer Sicherheit durch Anpassungsleistung zu gelangen oder Zugehörigkeit zu bestimmten Gruppen innerhalb der Kunst zu erreichen. Doch es gibt auch unangepasste Künstler, sogenannte „Künstler- Künstler“. Alexander Lang etwa ist einerseits ein begnadeter Zeichner und Grafiker und arbeitet dennoch empraktisch (der Begriff stammt von Dr. Konstanze Caysa). Dabei schließt er bspw. Experimente des Leibes in den Kunstprozess ein und experimentiert mit Nomadentum, bzw. nutzt Vorbilder der Art Brut. Auch der Ausstellungstitel kommt aus dem Bereich der Art Brut.
Stephan Kopiczinski zeigt vor allen Dingen Skulpturen, gegossen aus bestehen geschmolzenen Materialien. Doch nicht nur das Thema nachhaltige Materialien(Kunst spielen bei ihm eine Rolle, sondern auch das Thema Anpassung vs Individualität. Als ich ihn über sein aktuelles Schaffen ausfragen wollte, drückte er mir seine Diplomarbeit in die Hand, mit den Worten: „Da steht alles drin.“ Es ist eine kurzweilige, biografische Arbeit, in der er über sich selbst, über Kunst und die Gesellschaft sinniert. Ich wählte eine Passage, die erklärend für das Motiv des Flyers sein könnte (das Foto wird übrigens nicht in der Ausstellung hängen). Stephan Kopiczinski schreibt:

Der Arbeitslosigkeit entkam ich durch den Zivildienst und anschließend rutschte ich in die Beamtenlaufbahn ab. Das geschah ... Dank der gutgemeinten aber schädigenden Fürsorge meines Vaters. Er selbst, der väterlichen Strenge und ländlichen Einfachheit in den Staatsdienst entflohen, hielt es für eine gute Idee, dass sein Sohn in seine Fußstapfen trete. Ich tat es, nahm weiter Drogen und befand mich damit in einer Grauzone, in der ich drei lange Jahre meines Daseins vergammelte. Ich vergammelte geistig und körperlich. ... und erfuhr nebenbei, wie es sich anfühlt in das politische System eingesperrt zu sein ... insbesondere meine Erfahrungen aus dieser Zeit lassen mich den alltäglichen Schmerz der hart und leider oft sinnlos arbeitenden Bevölkerung noch heute wahrhaftig nachfühlen. ... Ich will nicht sagen, dass das eine besondere Gabe ist, unsre Gaben geben wir uns selbst, aber gerade in diesem Nicht-Besonderen des alltäglichesn Schmerzes, liegt seine Besonderheit. Er ist so sehr zur Gewohnheit geworden, dass er kaum mehr spürbar ist. Der unterdrückte Schmerz ist für viele die gesunde Norm. Als Entschädigung erhält man die Konsumfähigkeit. Sie gehört zum guten Ton und bestimmt das Ansehen und den gesellschaftlichen Status. Man lässt sich selber ausbeuten, um nicht durch den Konsumverzicht von der Großen Gruppe ausgestoßen zu sein.

(S. Kopiczinski: So denke ich schon heute nicht mehr, Leipzig 2017, S. 13).





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